Mittwoch, 16. August 2023

Ästhetik in der Nahrungszubereitung fördert die Sinnesfreude

Hirse mit Blaukrautsalat und Zuckerschoten. Die verschiedenen Farben und Formen kommen dem Auge entgegen und regen den Blick zu einem freudig-interessierten Außenbezug an.
 

Im Grunde ist jede Tätigkeit, die wir einfach nur "machen" verlorene Zeit. Die Frage nach den Gestaltungsmöglichkeiten, die wir in jedem Moment stellen können, kann neue Räume und Perspektiven eröffnen und dem Menschen seine ihm gemäße Position geben: der des schöpferisch Tätigen. Auch das Kochen sollte mehr sein als nur eine Versorgungsleistung. Das Sprichwort "Die Augen essen mit" deutet bereits auf die Rolle der Ästhetik in der Ernährung hin. Vor dem Essen tritt der Mensch mit dem Sehsinn in eine erste Beziehung zur Nahrung, nimmt diese wahr und kann sich an den verschiedenen Farben und Formen und an der Komposition erfreuen. Das Essen kann so hingerichtet sein, dass weniger die Begierde angesprochen wird, sondern mehr ein wirkliches Interesse und eine Freude am Hinschauen. Der Mensch wird in der Folge die zubereitete Nahrung bewusster zu sich nehmen. Er kann sich dabei bestimmte Fragen stellen, beispielsweise die Frage nach den Gewürzen oder die verschiedenen Konsistenzen bewusst wahrnehmen. Er könnte sich auch fragen, mit welchen Gedanken der Koch/ die Köchin die Lebensmittel in neue Formen gebracht hat. War der Schwerpunkt mehr auf den Formen oder auf den Farben? Wie gestaltet sich die Gesamtkomposition des Essens? Wie passt das Getreide mit dem Gemüse zusammen? Verschiedenste Fragestellungen sind denkbar, mit denen der Mensch das Gericht zunächst betrachten und in der Folge zu sich nehmen kann. Es kommt zur Tätigkeit des Essens eine Bewusstseinstätigkeit des Menschen hinzu. Voraussetzung hierfür ist, den ersten Impuls des schnellen "sich- Einverleibens" der Speise zurückzuhalten und das bewusste Hinschauen, verbunden mit einer Frage zu üben. 

Die Zubereitung von Getreidebratlingen: eine klare Vorstellung über die Form und Konsistenz führt zu einer bewussten Auseinandersetzung mit der Tätigkeit.  Welche Handbewegungen benötigt es, damit der Bratling möglichst gleichmäßig rund und innen locker-luftig wird? Wie lange braucht er in der Pfanne, um innen gleichmäßig durchbacken und außen goldgebräunt zu werden?




Das Innere des Bratlings ist locker, die einzelnen Körner sind wahrnehmbar und gleichzeitig harmonisch miteinander verbunden.

Die "Endkomposition": Getreidebratlinge mit Gurkensalat und Feta.

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